Die Sauna im Spannungsfeld von Gesundheit und Erlebnis
Der Deutsche Sauna-Bund zu Beginn des neuen Jahrtausends
Nach der Jahrtausendwende stellte sich der Deutsche Sauna-Bund wie viele andere Institutionen auch die Frage, was die Zukunft bringen werde. Antworten für die Branche suchte der Verband mit bekannten Wissenschaftlern und Experten in seinem vielbeachteten Trendseminar „Quo vadis, Sauna?“ im baden-württembergischen Landtag in Stuttgart. Inhaltlich ging es um die Entwicklungstendenzen in der Saunabranche, die künftige Positionierung in der Freizeitwirtschaft und um Veränderungen von Kundenwünschen und -verhalten. Besonders für den letztgenannten Themenkomplex war der Verband aufgrund seiner aktuellen Besucherbefragung bestens vorbereitet. Mehr als 23.000 Saunagäste von fast 200 öffentlichen Saunabädern hatten ihr Verhalten detailliert erklärt. Erstmals deutete sich dabei mit dem Aufguss ein Trend an, der zu Ende der Dekade den bekannten Markenkern der Sauna drastisch verändern sollte.
Ein wissenschaftliches Forschungsprojekt der gesamten Saunabranche
Zunächst aber dominierten wirtschaftliche Projekte das Tagesgeschäft des Verbandes. Neben den Rahmenverträgen für sehr günstige Stromtarife und für GEMA-Gebühren wurde ein anspruchsvolles Forschungsvorhaben zur Qualitätssicherung von gewerblich genutzten Sauna- und Warmlufträumen gestartet. Das Verbundprojekt mit Saunaherstellern, öffentlichen Saunabädern und dem Fraunhoferinstitut für Holzforschung hatte mit den Forschungsgeldern des Bundeswirtschaftsministeriums ein Finanzvolumen von etwas mehr als einer Millionen Euro. Gegenstand der Forschung waren Verbesserungen bei den Sicherheitsanforderungen für den Brandschutz der Saunaanlagen und eine Senkung des Energiebedarfs der Schwitzräume. Nach fünf Jahren einvernehmlicher Arbeit der Verbundpartner wurde Ende 2006 der Abschlussbericht vorgelegt. Er war auch Basis für die umfangreiche Erarbeitung der wegweisenden „Richtlinien für den Bau von gewerblich genutzten Schwitzräumen“. Die Festlegungen befassten sich nicht nur mit dem Saunaraum, sondern auch mit Warmluft- und Dampfräumen. Bis heute sind die „Richtlinien“ übrigens noch Vorlage für andere Normen, wie zum Beispiel für die europäische Norm für Schwitzräume in Wellnesszentren von diesem Jahr.
Ein Kraftakt anderer Art war die Sicherung der umsatzsteuerlichen Subventionierung der Saunaeintritte. An der Umsatzsteuervergünstigung von 7 statt 16 Prozent hatte der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 12. Mai 2005 heftig gerüttelt. Seiner Ansicht nach dienten Saunabäder nämlich nicht allgemeinen Heilzwecken, wie es Voraussetzung für eine Umsatzsteuerermäßigung gewesen wäre, sondern „lediglich dem allgemeinen Wohlbefinden“. Mit einer sehr engagierten Argumentation der Geschäftsführung konnten damals die Umsatzsteuerreferate der 16 Bundesländer davon überzeugt werden, dass die seit 40 Jahren geltende steuerliche Subventionierung von Saunabädern immer noch zu Recht bestehe. Allerdings wird hier schon das Spannungsfeld der Sauna zwischen Gesundheit und Erlebnis deutlich sichtbar. Die Finanzrichter hatten die aktuelle Veränderung der Saunabesuchsmotive sehr genau erfasst. Die steuerbehördliche Umsetzung des Richterspruchs hätte fast die Hälfte der 2.300 öffentlichen Saunabäder existenziell gefährdet, erhebliche Besucher- und Umsatzrückgänge verursacht, Investitionen verhindert und letztlich die Bemühungen von 16 Millionen Bundesbürgern, die selbst finanziert mit Saunabaden etwas für ihre Gesundheit taten, konterkariert.
Sehr hilfreich für die Darstellung der Heilwirkungen der Saunaanwendungen war die vom Deutschen Sauna-Bund-Präsidenten Prof. Dr. med. Conradi erstellte Bibliografie von mehr als 1.600 wissenschaftlichen Saunaarbeiten. Sie überzeugte u.a. das Bundesfinanzministerium. Es blieb zunächst beim ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 Prozent auf den Saunaeintritt. Allerdings ging in den Saunabädern die inhaltliche Veränderung vom eigentlich gesundheitsorientierten Saunabaden zur Unterhaltung mit dem Aufguss unvermindert weiter.
RAP