Um- und Aufbruch: Der Deutsche Sauna-Bund in den 80er Jahren
Bis zu Beginn der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts dominierten privatwirtschaftlich geführte Saunabetriebe die Branche. Dann nahm jedoch die Zahl der von der öffentlichen Hand betriebenen Saunaanlagen immer mehr zu. Der dem Zeitgeist entsprechende Trend der Freizeitorientierung kommunaler Bäder führte dazu, dass viele Hallenbäder um eine Saunaanlage ergänzt wurden. Wirtschaftliche Notwendigkeiten bei rückläufigen Besucherzahlen waren neben dem gesellschaftlichen Wandel, ein wichtiger Grund für das kommunale Engagement der öffentlichen Hand im Saunawesen. Die privatwirtschaftlichen Saunabäder begegneten den veränderten Wettbewerbsbedingungen mit Skepsis und Ablehnung. Dieses kam auch in Veranstaltungen des Deutschen Sauna-Bundes zum Ausdruck. Der wirtschaftliche Konflikt beschäftigte den Verband – was damals noch nicht abzusehen war – die nächsten 25 Jahre.
Den Markt des öffentlichen Saunabadens veränderte darüber hinaus ein weiterer Boom im Freizeitbereich. Viele Sportanlagen (z. B. Squash) wurden mit Saunaräumen ausgestattet. Diese Entwicklung übernahmen dann auch Hotels. Der Sauna-Bund ermittelte für die vierte Dekade seines Bestehens etwa 10.000 Saunabademöglichkeiten in Deutschland, die von etwa fünf Millionen Saunagästen besucht wurden. Der Verband selbst hatte 1.500 Mitglieder.
Mit dieser Branchenexpansion ging ein Bedeutungswandel der Nutzungsmotivationen einher. Entspannung und Erholung traten nach einer Besucherbefragung des Deutschen Sauna-Bundes von 10.000 Saunabesuchern gegenüber den früher vorherrschenden gesundheitlichen Besuchsgründen in den Vordergrund.
Die zunehmende gesellschaftliche Popularität der Sauna brachte es jedoch mit sich, dass der Sauna-Bund sich wiederholt mit Falschmeldungen in der Boulevard-Presse auseinandersetzen musste, in der vor gesundheitlichen Risiken des Saunabadens gewarnt wurde. Um die rasante Branchenentwicklung nicht zu stören, waren sachgerechte, naturwissenschaftlich-medizinische Erklärungen und Entgegnungen notwendig. Hilfreich war dabei die Zunahme der Erkenntnisse aus den wissenschaftlichen Untersuchungen der Saunawirkungen. Um sie zu registrieren, musste die Fachliteratur zahlreicher Länder laufend beobachtet werden. Dies postulierte der damalige Sauna-Bund-Vorsitzende Dr. Werner Fritzsche im April 1989 zum 40-jährigen Vereinsbestehen: „Zu unseren künftigen Aufgaben gehören auch weitere Bemühungen um eine wissenschaftliche Absicherung des Gesundheitswertes des regelmäßigen Saunabadens.“ In diesem Kontext standen zudem etliche finanziell durchaus riskante wettbewerbsrechtliche und gerichtliche Auseinandersetzungen. Dabei ging es vornehmlich darum, den durch Bauweise und Raumklima definierten Begriff „Sauna“ gegen missbräuchliche Verwendung für andersartige Schwitzgeräte (Heimsauna; Gesichtssauna) und für klimatisch abweichende Badearten (Biosauna) zu schützen. Auf die damals erstrittenen Grundsatzurteile wird auch heute noch bei der Qualitätssicherung öffentlicher Sauna-Bäder zurückgegriffen.
Um die weitere Entwicklung im Sauna-Bund zu sichern, war eine hauptberufliche Geschäftsführung unumgänglich. Wiederholt hatte der Vorsitzende in Vorstandssitzungen und Mitgliederversammlungen Anfang der 80er Jahre gemahnt, dass die Ehrenamtlichen die Fülle der Aufgaben nicht mehr erledigen könnten. 1982 erhielt Dr. Werner Fritzsche dann das Votum der Mitglieder und konnte einen hauptberuflichen Geschäftsführer suchen. Aus einer großen Zahl von Bewerbern fiel die Wahl auf den gelernten Industriekaufmann und Sportwissenschaftler Rolf-Andreas Pieper. Für beide Seiten war die Anstellung ein mutiger Schritt: Einerseits war die wirtschaftliche Lage des Verbandes ziemlich unsicher und hätte sich durch die zusätzliche Entlohnung weiter verschlechtern können, andererseits verband der dreißig-jährige Geschäftsführer seine Existenz mit einem Arbeitgeber, der ein 17qm2 großes Büro gemietet hatte und als einziges Inventar einen abgeschriebenen Spirit-Carbon-Kopierer und eine Adressiermaschine besaß. Selbst die beiden elektrischen Schreibmaschinen, die den beiden teilzeitbeschäftigten Sekretärinnen zur Verfügung standen, gehörten ihm nicht.
Die „Doppelspitze“ in der Verbandsführung brachte es schon sehr bald mit sich, dass der Verein eine sehr erfolgreiche verstärkte duale Ausrichtung bekam. Während der Vorsitzende Dr. Werner Fritzsche mehr die medizinisch-wissenschaftlichen und gesundheitlichen Aufgaben übernahm, orientierte der neue Geschäftsführer seine Arbeit an betriebswirtschaftlichen und branchenpolitischen Erfordernissen. Erstmals offensichtlich wurde diese neue Ausrichtung auf der Herbsttagung des Verbandes 1984 in Stuttgart. Äußerlich präsentierte sich der Verein auf der kongressbegleitenden interbad mit einem neuen, informativen und zeitgemäß gestalteten Messestand; die innerlichen Veränderungen zeigten sich im vielbeachteten Themenkreis „Saunabranche im Wandel“.
Außerdem betätigte sich der Verein mit Erfolg unternehmerisch. Das Schulungsprogramm wurde deutlich erweitert und mit der Sauna-Matti eine Tochtergesellschaft zur Vermarktung der Verbandszeitschriften, Badeanleitungen und Werbebroschüren gegründet. Somit bestand eine solide wirtschaftliche und ideologische Basis für die Branchen- und Verbandsaufgaben, die die deutsche Wiedervereinigung in der fünften Dekade des Vereinsbestehens mit sich brachte.
RAP